HERZLICH WILLKOMMEN!

 

DEUTSCHSPRACHIGE EVANGELISCHE GEMEINDE BARCELONA

 

 

JEDEN SONNTAG, UM 11 UHR

 

LADEN WIR ZUM GOTTESDIENST EIN!

 

 Wir sind eine lebendige und offene Gemeinde in Barcelona/Katalonien mit einer über hundertjährigen Geschichte. Der sonntägliche Gottesdienst bildet die Mitte unseres Gemeindelebens. Wir haben für viele Altersgruppen Angebote: Chor, Kinderkirche, Seniorenkaffee, Bastel- und Gymnastikgruppen. Unsere Veranstaltungen und Gruppen stehen allen offen, die Gemeinschaft suchen und mitmachen möchten.

Kommen Sie einfach mal vorbei.

Wir freuen uns über Ihren Besuch!

 

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PREDIGT

 Für alle, die leider nicht zum Gottesdienst kommen konnten,

veröffentlichen wir an dieser Stelle einige der zuletzt gehaltenen Predigten.

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 Drittletzter Sonntag 2024 – 9.11./Frieden/Micha 1

 

Gestern war der 9. November – ein geschichtsträchtiges Datum. Gleich mehre historische Ereignisse fallen auf diesen Tag. Vor allem erinnert es an die dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte, als 1938 Synagogen und jüdische Geschäfte brannten. Und gleichzeitig steht er für Aufbruch und Freiheit, als 1989 die Berliner Mauer fiel und das Ende der deutschen Teilung einläutete. Ganz persönlich gewann für uns als Familie der 9.11. im Jahr 2006 noch eine besondere Bedeutung: Die Geburt unseres Sohnes, der heute seinen 18. Geburtstag feiert.

 

Auch ohne besondere Gedenktage wandert da der elterliche Blick natürlich zurück. Ich erinnere mich an den kleinen Wurm, das große Glück und die vielen Wünsche für seine Zukunft. Voller Zuversicht blickte ich damals in die Welt: Trotz aller politischen Krisen und Herausforderungen, trotz aller Kriege – auch damals im Libanon, im Irak, Hamas gewinnt die Wahlen, Moskau dreht Kiew den Gashahn zu, Atomstreit mit Iran droht zu eskalieren, Nordkorea testet Atomwaffen – genügend Ereignisse also, die mehr als sorgenvoll in die Zukunft blicken lassen sollten. Und doch war meine grundsätzliche Zuversicht und ich meine, auch die um mich herum eine andere. Trotz allem war ich davon überzeugt, dass mein Sohn in eine bessere Welt hineinwachsen würde. Diese Hoffnung hatte auch etwas mit den historischen Ereignissen am 9. November 1989 zu tun: Ich wuchs in dem Vertrauen auf, dass wir dafür sorgen können, dass Geschichte sich nie wiederholt, und scheinbar unüberwindbare Mauern fallen können.

 

Die Zukunft, die ich meinem Sohn damals wünschte, ist jetzt seine, unsere Gegenwart –und vieles in ihr ist leider anders, als ich mir erhofft hatte. Weltenlage und Zukunftsblick sind düsterer geworden, Pessimismus und Ängste scheinen zu dominieren. Gespräche werden rauer, Gräben tiefer, Argumente dumpfer. Statt Erwartung herrscht Resignation vor, Ohnmacht äußert sich in Wut bis Achselzucken. Gespräche gleichen oft einem Kartenspiel, in dem der Trumpf die immer noch schlechtere Nachricht ist: Krieg sticht Anschlag, Wahlausgang sticht Neuwahl, Autokrat 2 sticht Autokrat 1, wirtschaftlicheZahlen stechen Kursschwankungen – und wir alle wissen, dass die wahrscheinlich höchste Karte der Klimawandel ist – auch wenn einige behaupten, sie wäre gar nicht im Spiel. Am Ende liegen nur noch schlechte Karten auf dem Tisch und es scheint keinen Joker zu geben, den man dazwischenwerfen kann, um die Negativserie zu unterbrechen.

 

Nur noch Badnews, keine Goodnews. Oft bleibt nur der Rückzug ins kleine Glück, denn dieser allgemeinen Stimmung mit Hoffnung entgegenzutreten, fällt schwer und ihre Argumente und Sicht tun oft nicht nur andere, sondern auch ich vor mir selbst ab: Ach, du naiver Träumer!

 

Doch es gibt Stimmen, die beharrlich widersprechen; die nicht müde werden von einer anderen Welt zu erzählen; die sich trauen, alle Hoffnung auf eine Karte zu setzen und sie ins Spiel zu bringen. Diese Stimmen stecken für mich in den alten Geschichten meines Glaubens und ihre Schönheit beginnt damit, sie zu erzählen. Was ist Glauben? Vieles, aber vor allem immer auch; Die alten Geschichten zu erzählen und zu hören, sie zu erinnern und zu vergegenwärtigen. Zu ihnen gehört die Vision des Propheten Micha, die wir gerade gehört haben: Schwerter zu Pflugscharen. Michas Welt war ebenso wenig heile wie unsere. Propheten gab es viele und sie predigten leidenschaftlich über den Weltuntergang. Micha hält mit seiner Zukunftsvision dagegen: Schwerter werden umgeschmiedet zu Pflugscharen. Das Werkzeug des Krieges wird Werkzeug der Ernte. Ich mag auch das zweite Bild: Speere zu Winzermessern. Am Ende fließt kein Blut, sondern Wein. Kein Schlachtfeld, sondern der Weinberg wird zum Lebensort. Was Micha mit diesen Bildern zu beschreibt, ist keine romantische Weltflucht, sondern in seinem Erzählen steckt das tiefe Vertrauen, dass Friede möglich ist. Ein großer, universeller Friede, der mehr als das Ende von Kriegen erfasst. Ein Friede, ein Segen, den der Himmel wie einen Mantel nicht nur der Erde umlegt, sondern jedem einzelnen von uns. Ein Mantel, der nicht nur äußerlich beschützt, sondern vor allem innerlich verändert. Ein Friede, ein Hoffnungskeim in mein Herz gelegt, der aufgehen und nach außen wachsen will. Ein Friede, mir geschenkt, weshalb ich ihn weiterschenken kann. Jesus sagt: „Euren Frieden lasse ich Euch, aber meinen Frieden gebe ich Euch!“

 

Das macht meinen Glauben immer wieder aus: Ich stehe nie mit leeren Händen da! Gott hat sie mit Hoffnung gefüllt. Eine leise Hoffnung, zerbrechlich wie Porzellan, zart wie eine Blume. Eine Hoffnung, die sich nicht lautstark durchsetzt, sondern auf meine Stimme angewiesen ist, mehr noch: Ich muss beginnen, ihr Leben und Gestalt zu geben. Es gibt keine Hoffnung, außer wir haben sie! Es gibt keinen Frieden, außer wir leben ihn! Und diese Hoffnung, dieser Friede beginnt bei uns: Morgens beim Blick in den Spiegel –

 

Bin ich mit mir im Frieden? Das heißt nicht zufrieden! Bin ich im Frieden, weil ich tue,was ich könnte und lasse, was ich müsste? Habe ich gesagt, was gesagt werden muss? Nicht nur den Widerspruch, sondern noch mehr die Dinge, auf die es immer wieder ankommt: Danke. Ich liebe Dich! Verzeihst Du mir? – Bin ich im Frieden mit mir? Es ist die Voraussetzung mit anderen in Frieden zu sein. Wir wissen das! Wer von uns kann gnädig mit seiner Umwelt umgehen, wenn er gerade so richtig ungnädig mit sich selbst ist? Friede beginnt bei uns! Wenn wir unsere Waffen beginnen umzuschmieden, zum Beispiel die scharfen Worte, die Sticheleien. Das bedeutet wohlgemerkt keine falsche Harmonie: Friede beginnt, sich den wahren Wein einzuschenken. Sich nicht um den Preis einer scheinbar heilen Welt, auf die Zunge zu beißen, zu schweigen, wo reden Not tut. Friede beginnt bei uns und immer jetzt, in diesem Augenblick. Es braucht keinen Vorlauf, keine Startbedingungen, keine Übung: einfach tun! Und wenn es eben damit beginnt, alte Geschichten von Hoffnung und Frieden immer wieder zu erzählen. Hast Du gehört, was möglich ist: Schwerter werden zu Pflugscharen!

 

Noch einmal zurück zum 9.11., unseren düsteren Zukunftsblick und dem Geburtstag meines Sohnes. Mir ist die vergangenen Tage deutlich geworden, dass, wenn ich ihm nicht nur „Alles Gute und viel Glück!“ wünschen will, ich bereitsein muss, mehr in die Waagschale der Gegenwart zu werfen als meine Ohnmacht mit Blick auf eine Welt, die sich anders entwickelt als ich mir, uns, aber vor allem der nächsten Generation wünsche. Ich spüre, dass unsere Enkel und Kinder ein Recht darauf haben, nicht nur unsere Klagelieder zu hören. Wir dürfen ihnen die Geschichten unserer Hoffnung nicht vorenthalten: Die Geschichte des 9.11.: Einmal mit der Erinnerung an ein „Nie wieder!“ – um nicht naiv zu sein! Und einmal mit der Erinnerung an „Mauern können fallen!“ – um nicht zu resignieren, sondern Träume als erste Risse im Mauerwerk zu verstehen. Wir müssen nicht zu Prophet:innen werden, aber können von den alten Stimmen erzählen, die nicht müde werden, von Pflugscharen und Winzermessern zu reden oder davon, dass Gerechtigkeit und Friede sich küssen. Und mit Jesus selbst zum Kind werden, denn: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gotteskinder heißen.“ Amen.

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Drittletzter Sonntag 2024 9 11 _Frieden
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Predigt Jer 29 21 n Trinitatis 20 10 202
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Predigt Michselistag Engel 2024.pdf
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Predigt Abschluss ökumenische Bibelwoch
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