HERZLICH WILLKOMMEN!

 

DEUTSCHSPRACHIGE EVANGELISCHE GEMEINDE BARCELONA

 

 

JEDEN SONNTAG, UM 11 UHR

 

LADEN WIR ZUM GOTTESDIENST EIN!

 

 Wir sind eine lebendige und offene Gemeinde in Barcelona/Katalonien mit einer über hundertjährigen Geschichte. Der sonntägliche Gottesdienst bildet die Mitte unseres Gemeindelebens. Wir haben für viele Altersgruppen Angebote: Chor, Kinderkirche, Seniorenkaffee, Bastel- und Gymnastikgruppen. Unsere Veranstaltungen und Gruppen stehen allen offen, die Gemeinschaft suchen und mitmachen möchten.

Kommen Sie einfach mal vorbei.

Wir freuen uns über Ihren Besuch!

 

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PREDIGT

 Für alle, die leider nicht zum Gottesdienst kommen konnten,

veröffentlichen wir an dieser Stelle einige der zuletzt gehaltenen Predigten.

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 Vesper 2024

 

Überall sind sie in der Weihnachtszeit zu entdecken: Sterne! Aus Fenstern zwinkern sie uns zu, baumeln über Straßen und Gassen, hängen an Tannenzweigen. Ein riesengroßer liegt sogar am Plaza Sant Jaume und blinkt in einem besonderen Takt. Sterne scheinen in diesen Tagen zum Greifen nah zu sein.

 

Vielleicht geht es Euch wie mir: Sterne faszinieren – nicht nur Weihnachten! Ein voller Sternenhimmel, wie man ihn am Strand, auf See, in den Bergen entdecken kann, löst – wow – ein Staunen aus: Was für eine Weite, Höhe, Tiefe, Länge! Das All blitzt auf, Unendlichkeit und unsere Erde – wir mittendrin. Winzig klein, nein, kleiner als winzig klein und doch –, doch ein Teil davon. Man kann sich in ihnen verlieren und ist doch auf wundersame Weise bei sich selbst.

 

In sternenklaren Nächten habe ich schon öfters erlebt, wie jemand plötzlich nach oben zeigt: „Wow, schaut mal!“ Alle blicken nach oben. Gespräche, selbst Diskussionen verstummen. Argumente, Gedanken, Wichtigkeiten scheinen plötzlich nichtig und klein, noch nichtiger und kleiner als über den Wolken, weil Sterne ja noch viel, viel höher sind. Gemeinsam werden Weite, Höhe, Tiefe, Länge des Himmels ausgelotet. Jemand erkennt ein Sternbild, ein anderer spricht vom Urknall, nicht selten wird es philosophischtheologisch: Was ist Zeit? Ewigkeit? Alles Zufall? Wo ist Gott? Was hält, trägt in alledem? Sterne stupsen Sehnsüchte in uns an, die oft im Alltag untergehen. Als Stadtmenschen sehen wir nur selten einen richtigen Sternenhimmel, und wenn ich ehrlich bin, erwarte ich nicht einmal mehr. Weite, Höhe, Tiefe, Länge vor mir sind meist überschaubar. Lassen sich mit einem Zollstock oder Pi mal Daumen abschätzen. Ohnehin bemisst sich das Leben oft innerhalb klarer Grenzen, die nicht selten unüberwindbar erscheinen. Über das eigene Kleinklein hinauszukommen, kann manchmal so schwer sein, wie über den eigenen Schatten zu springen. Und dann sind da noch Sorgen und Ängste im Kleinen, Kriege, Gewalt, Extremismus im Großen, die die Welt schrumpfen lassen. Wie oft habe ich mir in diesem Jahr Weite, Höhe, Länge, Tiefe in Köpfen gewünscht! Sterne gegen Engstirnigkeit, gegen veraltete Parolen und Denkmuster, die nicht einmal über die Türschwelle hinauskommen, um unter dem eigenen Teppich zu kehren.

 

Sterne für mehr Weite! Gerne halte ich deshalb Ausschau nach dem Sternenhimmel – und vor ein paar Wochen habe ich ihn plötzlich und unerwartet mitten am Tag entdeckt. Dieser Sternenhimmel hing in einer Ecke einer Kunstausstellung. Man konnte ihn leicht übersehen, denn er kam zunächst unscheinbar daher: ein schlichter Tonkrug, etwa so groß wie ein Fußball, braun, einige Macken. Wäre da nicht ein Schildchen an der Wand gewesen, wäre ich vielleicht vorbeigegangen. Doch ich blieb kurz stehen und schaute unbestimmt und ohne Erwartung in den Tonkrug. Und da – wow – da entdeckte ich den Sternenhimmel. Im Inneren des Kruges breitete er sich mit seiner ganzen Weite, Länge, Breite und Tiefe aus. Vielleicht habt ihr die Fotos auf dem Liedblatt schon entdeckt. Sie vermitteln zumindest einen Eindruck, wenn auch nicht ganz so spektakulär wie in echt. Der mexikanische Künstler Manuel Chavajay hat tausende von Sternen in den Krug gemalt und damit einen echten wow-Edekt erzielt: Man will es nicht glauben, physikalisch unmöglich, dass dieses Gefäß eine ganze Galaxie fasst. Man meint, die Hand, den ganzen Arm in den Krug stecken zu können.

 

„Herz des Kosmos“ hat der Künstler den Sternenkrug genannt, der Gedanken und Fragen in mir anstößt, die ich gerade in der Weihnachtszeit immer wieder habe: Ist ein Stück Himmel auf Erden möglich? Kann ich Gott hier und jetzt entdecken? Entdecken wie die Hirten in der Weihnachtsgeschichte, die ihre Furcht abschüttelten, den Engeln vertrauten und zum Stall in Bethlehem aufbrachen; die vor der Krippe stehen und staunen: „Sieh nur ein Baby ist der Friedefürst, Immanuel, Wunderath, Gott, die Liebe – und sie legt sich in unsere Arme.“ Die Hirten schauen das Kind an und verlieren sich in ihm. Sie entdecken ihre Sehnsucht in ihm nach Frieden, Gerechtigkeit, Heilung. Sie greifen nicht mehr nach den Sternen, sondern spüren wie von dem Kind aus Hodnung in ihnen aufkeimt und ihren Herzen plötzlich Länge, Weite, Höhe und Tiefe gibt. Sie sehen das Kind und entdecken den Himmel, der sich in ihnen selbst aufspannt. Später erzählen sie anderen davon – und alle wundern sich über ihre Worte bis heute: Wie kann das sein? Gott in einem Kind? Der Himmel in Euch?

 

Auf die Frage „Was ist Gott?“ hat Mystiker Bernhard von Clairvaux einmal geantwortet: „Gott ist Länge, Weite, Höhe und Tiefe!“ Und mit Blick auf den Tonkrug, das Jesu-Kind, die Geschichte um den Stall in Bethlehem, die wir jedes Jahr festhalten und erzählen, möchte ich ergänzen: „In uns! Gott ist Länge, Weite, Höhe und Tiefe in uns!“ Der Himmel nach dem wir suchen, erstreckt sich nicht jenseits über uns, sondern in uns. Der Stall, die Krippe sind unsere Herzen – Gott schmiegt sich in sie hinein! Die Sterne, die wir suchen, strahlen nicht in fernen Galaxien, sondern sind zum Greifen nah: Sie können aufblitzen in unseren Augen, zwischen unseren Worten, in unseren Gesten. Wir dürfen uns trauen, über unsere Grenzen und Begrenztheit, über unser Zögern, Ach und auch die Tränen hinauszublicken und – wow – miteinander beginnen zu staunen über das, was in uns liegt, was möglich werden kann. Was dann passiert? Vielleicht nicht gleich ein Wunder, aber ein wunderbarer Anfang, eine heilsame Unterbrechung, ein unverhodter Trost, eine Quelle für neue Kraft. Wer weiß, was passieren kann, wenn wir anfangen, die Sterne in uns miteinander zu teilen – dann ist vielleicht, nein, nicht vielleicht! Wenn wir anfangen, die Sterne, die Gott in uns anzündet, zu teilen, da bin ich mir sicherer, darauf vertraue ich ganz fest: Dann breitet sich Weihnachten in seiner ganzen Länge, Weite, Tiefe und Höhe in und um uns aus!

 

Gerne möchte ich Euch zur Erinnerung einen kleinen Stern schenken. Ich lasse gleich diesen kleinen Tonkrug durch die Reihen gehen – man glaubt es nicht, dass hunderte von Sternen darin sind! Greift nach den Sternen! Fischt Euch gerne einen heraus und nehmt ihn mit für Euch selbst oder andere!

 

Amen.

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Versper 2024.pdf
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Predigt Michselistag Engel 2024.pdf
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Predigt Abschluss ökumenische Bibelwoch
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