SONNTAGS, UM 11 UHR

 

LADEN WIR HERZLICHST ZUM GOTTESDIENST EIN!

 

 Wir sind eine lebendige und offene Gemeinde, die im Dialog mit anderen Konfessionen und Religionen steht. Der sonntägliche Gottesdienst bildet die Mitte unserer Gemeindelebens.

Wir freuen uns über Ihren Besuch!

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PREDIGT

 Für alle, die leider nicht zum Gottesdienst kommen konnten,

veröffentlichen wir an dieser Stelle die zuletzt gehaltenen Predigten.

 

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Sonntag, den 4.n.Trinitatis

Liebe Gemeinde,

wissen Sie noch/ wisst Ihr noch euren Konfirmationsspruch? Diesen Bibelsatz, der zu einem guten Begleiter werden sollte und vielleicht auch wurde?

Es gibt Klassiker: Psalm 23 etwa, oder die Seligpreisungen aus Bergpredigt. Das alte Pauluswort, der heutige Predigttext, gehört auch dazu. Es steht in seinem theologischen Testament, wie der Römerbrief auch genannt wird:

 

17 Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. 18 Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. 19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben 5. Mose 32,35: »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« 20 Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« Spr 25,21-22. 21Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

 

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Ein beliebter Spruch zur Taufe und zur Konfirmation. Viele entscheiden sich für ihn, weil er beschreibt, was sie sich wünschen: Eine Welt, in der „das Böse“

überwunden ist - eine wundervolle Vorstellung!

 

Erleben tun wir leider oft anderes: Arbeits-, Familien- und Schulalltag geben immer wieder Anlass für Zorn und Rachegelüste. „Das verzeih ich dir nie!“ und „warte nur, das wirst du mir büßen!“ ist schnell gedacht oder auch gesagt.

Auch die Nachrichten von den Krisenherden erzählen mehr von Hass und Vergeltung als von anderem. Nicht nur zwischen Israel und Palästina, oder Russland und der Ukraine, auch in den europäischen Gesellschaften wird der Graben aus Hass und Gewalt wird immer tiefer. Verbale Entgleisungen und sogar tätliche Angriffe passieren im politischen Geschäft mittlerweile.

 

Paulus lebte in einer anderen Zeit. Die Schauplätze von Gewalt und Unrecht waren andere. Die Erfahrungen mit „dem Bösen“ waren jedoch dieselben. Rhetorisch und theologisch gebildet, wie er war, wählt er seine Worte mit Bedacht: Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse mit Gutem.

 

Er wählt Vokabeln des Kampfes („besiegen“), denn er will deutlich machen: es ist kein Spaziergang, es ist ein Kampf. Und der beginnt bei mir selbst. Das Böse greift nach mir – von außen und innen. Bilder und Ereignisse kommen auf mich zu und lösen in mir Entrüstung, Zorn und Rachegefühl aus. „Mann kann sich doch nicht alles gefallen lassen!“ Die Folge sind Worte und Handlungen, die den Kreislauf weiterführen. Verbale Vergeltungsschläge und leider auch andere. Vor diesem Kreislauf ist keiner gefeit. Auch alle, die sich für dieses Pauluswort entscheiden, spüren das. Instinktiv greifen sie nach dem Tauf- oder Konfirmationsspruch wie nach einem Schutzschild. Sie ahnen: Jeden kann das Böse ergreifen, auch mich. Deshalb beginnt der Kampf dagegen bei mir selbst. Indem ich mir eingestehe, ja, auch ich habe einen Splitter im Auge. Nicht nur der andere. Das zu verstehen, befreit mich davor, vorschnell über andere zu

richten. Lässt mich reflexhafte Drohungen und Schuldzuweisungen erst einmal für mich behalten. Es ist ein Ringen, die Antwort meines Zorns liegt mir schon auf der Zunge…! Doch -

 

Wenn ich zuerst auf mich selbst sehe, entsteht ein Durchatmen, ein Innehalten, eine Waffenruhe. Ich ändere meine Blickrichtung und der Raum, den meine Entrüstung eingenommen hat „wo kommen wir denn da hin!“ „das kann man

sich doch nicht gefallen lassen!“, wird frei:

- Frei für ein Ausbrechen aus dem Kreislauf von Rache und Vergeltung.

- Frei für Gottes Gerechtigkeit.

- Frei für den dritten Weg, wie Theologen die Haltung beschreiben, die

Jesus in der Bergpredigt fordert –

- Frei für den Shalom, für Gutes.

 

„Als ich am Tag meiner Entlassung zu dem Tor ging, das mich in die Freiheit führen würde,“ erzählte Nelson Mandela, „wusste ich, wenn ich meine Bitterkeit und meinen Hass nicht zurückließ, würde ich weiter ein Gefangener

bleiben“.

 

Er hat es geschafft. Frederik de Klerk, der südafrikanische Regierungschef in der Zeit der Apartheid und Nelson Mandela konnten sich am Ende mit Respekt begegnen und haben sich sogar gegenseitig zu Feierlichkeiten eingeladen.

 

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

 

Ist das Pauluswort, das uns der Sonntag heute schenkt, also ein Heldenmotto, das uns fasziniert, aber nur in vereinzelten Sternstunden der Menschheitsgeschichte Wirklichkeit wird? Nein. Ich denke, der paulinische Satz von der Überwindung des Bösen ist nicht für Helden, sondern für den Alltag.

Eine Erinnerung daran, worum es beim Christsein geht - für jeden von uns: Um den Glauben an einen Gott, der in Jesus Christus das Böse überwunden hat, um mir zu zeigen, dass ich es auch vermag. Trotz meiner Splitter im Auge, meiner

Fehler, meiner Unzulänglichkeiten. Um den Glauben an einen Gott, dessen Macht anders ist als ich denke und dessen Gericht noch aussteht - bei aller Liebe - und der meinen Zorn und meine Rachegefühle des Raumes verweist, weil der Zorn allein ihm gebührt. Um den Glauben an einen gerechten und barmherzigen Gott, der mir beisteht, es ihm nachzutun. Wegen ihm kann ich vergeben, weil ich erfahren habe, wie es ist, wenn mir vergeben wird. Wegen ihm kann ich meinen Vergeltungswunsch bezwingen, weil ich weiß, vor ihm werde ich mich verantworten - und jeder andere auch.

Paulus geht es um den Glauben an diesen Gott. Und Jesus auch. Und zwar nicht erst in einer jenseitigen Welt, sondern jetzt. Deshalb sind die biblischen Worte von der Überwindung des Bösen ernst gemeint und konkret. Sie wollen zum

wirkmächtigen Handeln ermuntern. Böses zu besiegen und Gutes zu tun, soll spürbar sein wie glühende Kohlen auf dem Kopf. Brennen wie die Liebe.

Entflammen wie der Heilige Geist. Ein drastisches Bild für einen unzweideutigen Anspruch. Hier geht es ums Ganze! Um das Vertrauen in den Gott, der sich in Jesus Christus gezeigt hat und die Folge, die sich daraus für mein Leben ergibt, hier und heute. Zu Hause. Bei der Arbeit. In der Nachbarschaft. In der Gemeinde. Dem Feind zu trinken geben. Auch die rechte Wange noch hinzuhalten. Drei Meilen mit zu gehen, wenn zwei gefordert sind.

 

Für die beten, die mich verfolgen.

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Ein hoher Anspruch, aber der einzige Weg zu dem, wovon alle träumen, die sich diesen Bibelspruch als Begleitung wählen: „kein Krieg und keine Angst mehr“!

 

Liebe Gemeinde, lassen wir uns nicht entmutigen! Wir sind nicht allein: es gibt viele, die es versuchen. Die Bekannten, wie Nelson Mandela, Sophie Scholl oder Dietrich Bonhoeffer, aber auch die Unbekannten. Die, die in keiner

Extremsituation Heldenhaftes taten, sondern einfach mit Fantasie dem Bösen im Alltag die Stirn bieten. Wenn Sie einmal überlegen, fällt ihnen sicher jemand ein. Ein Bekannter, eine Nachbarin, eine Person, die es versucht hat. So auch der Clown Crock. Sie kennen ihn nicht? Ich lese eine Geschichte von ihm:

 

Der berühmte Clown Crock erhält eines Tages einen Brief, der voll ist von falschen Behauptungen und schlimmen Beschuldigungen. Seine Freunde raten ihm, den Absender des Briefes zu verklagen. Auch ein Clown könne ja nicht

immer nur lustig sein. Aber Crock winkt ab. „Ich möchte das anders regeln!“, sagt der Clown. Er schickt den Brief zurück an den Absender und schreibt dazu: „Diesen unverschämten Brief habe ich bekommen. Ich schicke ihn nun an Sie, damit Sie wissen, dass irgendjemand in Ihrem Namen beleidigende Briefe verschickt. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Clown Crock.“

 

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Amen

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Predigt Sonntag 23 Juni 2024.pdf
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Predigt vom 09 Juni Lk 14 2 n Trinitatis
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Predigt Abschluss ökumenische Bibelwoch
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