Maifest 2023 – Darf ich bitten!
Oliver
Takt zählen, summen, schunkeln. Liebe Gemeinde, dieses Lied bringt einen in Schwung, oder? Was für einen Tanz man wohl darauf tanzen kann? Antje, was meinst Du?
Antje
Einen Walzer vielleicht?
Oliver
Oh, wie lange ist unser Tanzkurs schon her? Beginnt man nochmal mit links oder rechts?
Antje
Kommt drauf an: Ich oder Du? Ich bin mir aber auch unsicher. Vielleicht gibt es hier jemanden, der den Rhythmus und Schwung vom Walzer ganz genau weiß. NN – von Dir weiß ich, dass Du gerne tanzt! Darf ich bitten?
Tanzen
Oliver
Wem jetzt das Tanzbein juckt, muss noch etwas warten. Aber, das versprechen wir: Heute soll es noch einige Möglichkeiten geben, in der Carrer Brusi zu tanzen. Also schon mal überlegen, welche Tänze noch ganz gut sitzen; schon mal links und rechts nach einer Tanzpartnerin, einem Tanzpartner schielen und Mut sammeln, dann auch zu fragen: „Darf ich bitten!“ Und wem das zu eng ist: Es wird aber auch die Möglichkeit geben, bei einem Kreistanz mitzumachen, schließlich ist das Motto heute: Tanz im Mai!
Antje
Keine Angst! Keiner wird zum Tanzen gezwungen. Aber es ist schon interessant, dass diese Ausdrucksform in unserer Kirche gar nicht (mehr) vorkommt. Wir singen selbstverständlich in unseren Gottesdiensten, aber tanzen ist unserer Frömmigkeit doch eher fremd. In Afrika oder Lateinamerika sieht es da schon anders aus. Oder in Gospel-Gottesdiensten – da bleibt selten jemand sitzen. Es wird gewippt, geklatscht, getanzt ganz selbstverständlich. Wer das schon einmal miterlebt hat, weiß warum es heißt: „Tanzen ist beten mit dem Körper, mit den Füßen!“ Oder was Psalm 149 meint mit den Worten: „Lobet Gott mit Pauken und Reigen, lobet ihn mit Saiten und Pfeifen!“
In der Bibel wird durchaus immer wieder von Menschen berichtet, die vor Gott tanzen: Miriam, die Prophetin, die nicht nur im übertragenen Sinne aus der Reihe tanzt, sondern sich eine Trommel schnappt und zu tanzen beginnt. In dem Lied, das sie dabei singt, drückt sie ihren Dank an Gott aus, der aus der Gefangenschaft der Ägypter befreit hat. (Es ist wohl eine der ältesten Textstellen in der Bibel.) Und wie lässt sich die Freude über Freiheit besser ausdrücken als mit einem Tanz? Oder König David, der um sich herum alles vergisst, tanzt und tanzt, dass alle herum staunen und seine Frau Michal sich schämt und ihm zuhause die Leviten liest. Und auch zu Jesu Zeiten dürfte nicht selten im Tempel und zu den großen Festen getanzt worden sein. Im Tanz der Chassidim lebt dies in der jüdischen Tradition weiter. Von Jesus selbst wird nicht erzählt, dass er getanzt hat. Es wird aber auch nicht erzählt, dass er sich verweigert hat. Diese sakralen Tänze waren meist Kreistänze, an denen viele Menschen sich beteiligen konnten. Auch in anderen Religionen gibt es immer wieder Tänze als Ausdrucksform von Meditation und Frömmigkeit: Man denke an die tanzenden Derwische im Islam, die sich immer schneller linksherum in Richtung des Herzens drehen. Oder die verschiedenen Tänze buddhistischer Mönche. Allen gemeinsam scheint, dass man auf Gott mit dem ganzen Körper reagiert.
Oliver
Vielleicht kann man Segen ja auch als Aufforderung Gottes umschreiben: „Darf ich bitten?“ Vielleicht reicht der Himmel uns im Segen die Hand und lädt uns ein, die Tanzfläche des Lebens gemeinsam zu meistern. Mir gefällt dieses Bild! Gott, der heute in der Taufe Nela die Hand hinhält: „Darf ich bitten?“ Ein Gott, der mit Nela durchs Leben tanzt. Mal mit ihr auf dem Arm herumtanzt, wie ihr es als Eltern immer wieder getan habt: leise, wiegend damit sie einschläft, mal schneller, damit sie juchzt. Jetzt wird sie sicher schon manchmal allein tanzen, aber mehr Spaß macht es ihr, wenn man mitmacht. Ganz egal wie man tanzt, Tanz drückt immer Beziehung und Nähe aus – und genau diese Verbundenheit verspricht Gott in der Taufe, im Segen.
Das meint nicht, immer im siebten Himmel zu tanzen. Vielleicht manchmal. Gottes „Darf ich bitten!“ gilt vor allem in Momenten, in denen sich das Leben wie ein Tanz auf dem Vulkan anfühlt. Wenn Sorgen, Ängste, Fragen nicht aufhören, einem auf der Nase herumzutanzen. Wenn das Schicksal, einen aus dem Takt gebracht hat – dann gilt es jenes Tippen auf der Schulter zu spüren und Gottes Einladung zu hören: „Darf ich bitten! Ich tanz da mit Dir durch! Ich geh die Schritte mit, nach vorne, nach hinten, zur Seite. Und wenn Du Dich drehst, fang ich Dich auf!“ Ich stelle mir diesen Tanz ganz unterschiedlich vor: Vielleicht einmal wie die Art und Weise wie Kinder gerne mit ihren Eltern tanzen: Sie steigen auf die großen Füße von Mama oder Papa und machen wie von alleine die Schritte mit. Und vielleicht sind die Rollen auch gar nicht so klassisch festgelegt und mal führt Gott, mal ich. Wenn Tanzen richtig gut gelingt, spielt das auch meist gar keine Rolle mehr, weil man aufeinander bezogen ist, dann laufen und drehen sich alle Beine wie von selbst. Und wer sagt denn, dass es nur ein Paartanz ist? Gottes „Darf ich bitten?“ lädt ja nicht nur mich ein, sondern viele, viele weitere kommen dazu, tanzen mit. Glaubensgemeinschaft als Tanzgemeinschaft, in der wir einander weitersagen, zu dem wir selbst eingeladen sind: „Darf ich bitten? Dich und Dich und Sie?“ Eine Gemeinschaft, in der viele zum Tanz bitten: Alt und Jung, Groß und Klein, Lebensfrohe und Traurige, die in der ersten Reihe aufspringen und die Übersehenen ganz hinten. Darf ich bitten? Keiner muss allein bleiben! Und wenn es sein muss, tanzen wir gemeinsam aus der Reihe – für Frieden und Gerechtigkeit! Anfänger und Fortgeschrittene gibt es dabei nicht! Entscheidend ist nicht das Können, sondern das Sich-Einlassen! In den eigenen Beinen mehr sehen als zwei Stampfer, die den Mittänzern immer mal wieder auf die Füße treten oder über sich selbst stolpern. Sondern zwei Tanzbeine: das eine heißt Hoffnung, das andere Liebe! Und beide werden nicht müde, neue Schrittfolgen zu üben.
Antje
Liebe Gemeinde! Der Heilige Augustinus soll einmal gesagt haben: „Mensch lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen!“ Ob er recht hat, wird man sehen. Aber falsch wird es nicht sein, tanzen zu lernen – und am besten gemeinsam. Das möchten wir jetzt beim nächsten Lied mit Ihnen und Euch tun! Dürfen wir Euch bitten? Dann steht doch gerne auf. Es ist ganz einfach: Wir machen im Takt des Liedes immer zwei Schritte nach links, dann wieder nach rechts. Wem noch mehr Bewegungen einfallen – lasst Eurem Herzen freien Lauf! Amen.