Predigt zum Abschluss der ökumenischen Bibelwoche zur Arche Noah

 

Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt – Amen

 

Liebe Gemeinde,

Sie werden sie kennen, diese Taube, richtig? Nicht zuletzt, weil in der Altstadt von Barcelona täglich Hunderte die Werke dessen, der sie zeichnete, bestaunen. Die Taube von Pablo Picasso ist weltberühmt.

 

Lange bevor ich ahnte, einmal in Barcelona zu leben, hatte ich sie als Postkarte an meinem Schreibtisch hängen. Die Zeichnung besticht durch ihre Schlichtheit: Feine Linien, bleistifthaft, fast wie eine Skizze sieht sie aus. Die Taube schwebt grazil und elegant über das Bild – als wollte sie ein wenig triumphierend sagen: „Schaut nur hin, hier ist er, der Frieden!“

 

Vielleicht wussten Sie es: Tauben gehörten zu Picassos Lieblingstieren, so kann man lesen. Sein Vater züchtete sie, er wuchs mit ihnen auf und zeichnete sie. Später schenkte sein Kunst-Freund Matisse ihm eigene Tauben, auch diese zeichnete er. Und dann, als ein passendes Plakatmotiv für den Weltfriedenskongress in Paris gesucht wurde, fiel die Wahl auf eine seiner Taubenzeichnungen. Fortan zeichnete Picasso für jeden folgenden Kongress in Berlin, Stockholm, Wien, Rom und Moskau eine neue Interpretation der Friedenstaube. Die berühmteste wurde „Die fliegende Taube“ meiner Postkarte. Die Taube mit dem Olivenzweig wurde zum Friedenssymbol schlechthin.

 

An dieser Stelle, liebe Gemeinde, beginnt die Verbindung mit unserer ökumenischen Bibelwoche zur Arche Noah. Denn die Taube war, bevor Pablo Picasso sie berühmt machte, jahrtausendelang schon eine Botin für Frieden, Versöhnung und Neuanfang. Zwei eindrucksvolle biblische Geschichten erzählen von diesem besonderen Vogel:

 

Die erste Geschichte, die wir mit dem Judentum teilen, hörten wir am vergangenen Sonntag: Der Zweig im Schnabel der Taube kündigt das Ende der Sintflut an, symbolisiert Neuanfang und Vergebung und bereitet das große Versprechen Gottes vor, die gute Schöpfungsordnung nie wieder zu zerstören.

 

Die zweite Geschichte ist das Evangelium von Jesu Taufe. Für uns Christinnen und Christen ist es neben der Erzählung vom letzten Abendmahl vielleicht die wichtigste Identität stiftende Erzählung aus dem Neuen Testament.

 

Ein Prediger lebt am Jordan und ruft die Menschen auf, sich zu ändern und so zu leben, wie Gott es will. Sie nennen ihn den Täufer, denn diejenigen, die sich zur Umkehr entschließen, taucht er im Fluss unter. Auch Jesus. Als er wieder an der Oberfläche ist, fliegt eine Taube herbei und die Stimme Gottes aus dem Himmel erinnert daran, wer hier gerade getauft wurde.

 

Zwei Geschichten. Zwei Tauben. Beide überbringen Gottes Botschaft. Eine als Friedensbotin. Als Vorhut des Regenbogen-Bundes. Die andere als Bild des Heiligen Geistes, der in jeder Taufe mit an Bord ist und alle Getauften (einerlei welcher Konfession) zu Gottes geliebten Kindern macht.

 

Zwischen den beiden Sonntagen, zwischen diesen beiden Geschichten, wurde beim Bibelabend am Mittwoch gemeinsam überlegt, was es braucht, um das Schiff flott zu machen, auf dem wir als Christen in Kirche und Welt unterwegs sind:

 

„Teamgeist“ – lautete ein Votum, „Fantasie“ ein anderes

Und: „Bewusstsein für das ökologische Gleichgewicht“

„Wir Menschen müssen uns zusammennehmen, keine Kriege mehr anfangen und Güter gerecht verteilen“

„Wir müssen einen festen Glauben schaffen, den neuen Bund mit Gott bewahren!“

„Die Planken müssen gut geölt und wetterfest sein“, notiert jemand und weiter: „wir müssen praktisch, mutig und gut vorbereitet handeln“

 

Ja, um das Schiff flott zu machen und seetüchtig zu bleiben, brauchen wir:

 

Die Erinnerung an Gottes Versprechen, welches der ganzen Schöpfung gilt. Und daraus folgend ein ökologisches Bewusstsein und Mut im Einsatz für Klimagerechtigkeit.

 

Und wir brauchen die Erinnerung daran, dass wir Gottes geliebte Kinder, eine große Menschen-Familie sind. Und dass daraus Teamgeist und eine gerechtere Verteilung der weltweiten Güter folgen sollten.

 

Und deshalb, liebe Gemeinde, mag ich die Taube so: Denn sie ist es, die diese Erinnerungen und damit den Glauben an eine Schöpfungsordnung aus Liebe und an eine weltweite Geschwisterschaft in der Nachfolge Jesu wachhält.

 

Diese Erinnerungen sind Grundlage unseres Glaubens und Bausteine des Friedens – wir brauchen die Taube, weil wir diese Bausteine brauchen!

 

Die Taube hilft uns, wenn die Wogen über uns zusammenschlagen:

 

- Wie gerade hier in der Gemeinde, wo über Nacht alles anders war

 - Wie bei allen, die sich um die Zukunft sorgen, um die eigene oder die der Kinder und Enkel oder der geliebten Kirchengemeinde

 - Oder weiter weg: Wie gerade in der evangelischen Kirche in Deutschland, in der eine groß angelegte Missbrauchsstudie dunkelste Kapitel ans Licht bringt

 - Oder wie an allen Orten, wo Hass und Gewalt endlos scheinen, wie im Heiligen Land, in der Ukraine oder auf den Flüchtlingsrouten nach Europa

 

Die Taube hilft uns, wenn die Wogen über uns zusammenschlagen. Sie landet auf dem schwankenden Schiff und flüstert uns ins Ohr: „Frieden und Neuanfang sind möglich, Gott ermöglicht sie. Habt Vertrauen!“

 

Ja, liebe Gemeinde, ich mag sie, die Taube. Die mit wenigen Linien gezeichnete von Picasso, aber natürlich vor allem die, welche ihr Pate gestanden haben: am Aararat und am Jordan. Friedenstaube, Taube des Bundes, Taube des Heiligen Geistes. Ein Symbol, ein Hoffnungszeichen, ein Bild über die Jahrtausende hinweg, tradiert von zwei Weltreligionen. Ich denke, wir tun gut daran, wenn wir sie nicht vergessen, sondern immer wieder unseren Kindern von ihr erzählen. Von den Geschichten, in denen sie mitspielt. Wir brauchen sie inmitten der ganzen anderen storys, posts und Schreckensnachrichten, die uns überfluten und auf uns einregnen. Wir brauchen die Taube. Wer sonst hält in uns die Sehnsucht nach einem gelingen Frieden in der Menschheitsfamilie wach?

 

Auch viele Taufkerzen sind mit einer Taube verziert. Eine solche Kerze wurde extra für heute mitgebracht, sie ist mit einem Ölzweig verziert! Wissen Sie noch wie Ihre Taufkerze aussieht? Schauen Sie einmal zuhause nach!

 

Wir wollen unseren Gottesdienst heute als Gelegenheit nutzen, um gemeinsam an die Taufe zu erinnern. Damit möchte ich nun schließen und alle, die mögen einladen, nach vorn zu kommen und ein Wasserkreuz - oder eine Taube - in die Hand gemalt zu bekommen, zur Erinnerung an die Taufe.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

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3 Sonntag nach Epiphanias 2024 2 Köni
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